Kroke
Live at the Pit
Oriente Musik
Kroke, das jiddische Wort für "Krakau", besteht seit 1992 aus drei Musikern, drei alten Freunden, Jerzy Bawol (Akkordeon), Tomasz Kukurba (viola, violin, Gesang, Perkussion) und Tomasz Lato (Kontrabass). Sie haben mit ihrem Werk eine Musik geschaffen, die Einflüsse des Klezmer mit Jazz in einer neuen Art und Weise verbindet. Ein neuartiger, aber doch noch vertrauter Klang mit traditionellen Instrumenten. Alle drei Musiker begleiten den musikalischen Prozess gleichwertig, und dies ist das besondere Kennzeichen dieser neuen CD der Gruppe, eine Live-Aufnahme aus dem Jahr 1998 in England: "Live at the Pit".
Die CD beginnt mit Night in the Garden. Das Stück besticht vom ersten Augenblick an mit der absoluten Harmonie zwischen Geige, Akkordeon und dem Bass. Während die Geige die Melodie führt, breiten die beiden anderen Instrumenten einen "warmen" Klangteppich aus, auf dem sich die Schönheit und der Rhythmus des Stückes entfaltet.
Tsigoyner Tanz beginnt mit einem herrlichen Solo des Akkordeons, das von einer Improvisation der Geige auf der Grundmelodie abgelöst wird. Selten so eine tiefe Einheit der Instrumente gehört. Es passt einfach alles: Stimmung, Tempo und Präzision der Darbeitung.
Das dritte Stück ist eine langsame Improvisation. Es lebt von der live-Stimmung, die Musik atmet und zieht in ihren Bann.
Der Anspieltip der CD ist das vierte Stück Bresarabian Hora/Di Saposhkelekh. Dieses "traditionelle" Stück wird in der für die Gruppe eigenen Art begeisternd interpretiert. Jeder meiner Gäste, die dieses Stück hörten (erst mal mussten...), war fasziniert von der Kombination Jazz und Klezmer. Das Stück beginnt mit einem Solo der Bratsche und wird von Akkordeon und Bass getragen und weiter entwickelt.
Kazimierz's Impression (Es erinnert wohl an den Ort Kazimierz bei Krakow, mit dem sich die Musiker verbunden fühlen. Ich kannte es unter "Sherele"), auch ein traditionelles Stück, fasziniert erneut durch die frische Art der Interpretation, Melodieführung und Tempi. Der auf der CD sehr spärlich vorkommende Gesang, eher Vokalimprovisation, ist von der Wirkung unheimlich. Sie erinnert an Qur'àn-Rezitationsgesang. Der Gesang schafft dadurch eine "mystische" Stimmung.
The Secrets of the Life Tree besteht aus einem dichten Klangteppich der drei Musiker basierend auf einer bekannten Melodie und leitet zum nächsten Stück über.
Spiel Klezmer beginnt mit einem Akordeo-Solo und leitet in eine warme Atmosphäre, in der einige Freylekhs dargeboten werden. Das letztet Stück, Sher, wird vom Akkordeon gespielt und von Perkussion und Bass begleitet.
Es gibt einige Klezmer-Gruppen, die bestrebt sind, die Grenzen der traditionellen Musik und Interpretation zu erweitern: die mystische/menschliche Seite der Musik zu erhalten und sie mit der Musik unserer Zeit zu ergänzen, zu vertiefen. Der Gruppe Kroke ist dies sehr gut gelungen.
Mitreissend an dieser Aufnahme ist die eingefangene Live-Atmosphäre. Die Stücke werden von gleich starken Musikern getragen, die es verstehen, nahtlos die Melodielinie an den nächsten zu übergeben. Sie schaffen eine mystische, tief "musikalische" Atmosphäre, in der einerseits der Spass an den Instrumenten und der Musik, andererseits die tiefe Inspiration der Klezmer-Musik, sichtbar/hörbar wird. Sie schaffen dadurch den Transport traditioneller Musik in unsere Zeit, in unsere Musik.
Ein wegweisendes Album. Muss man gehört haben. Unbedingt zu empfehlen.
Autor: Bijan Zendeh, FEB-99
