Veretzki Pass im Kesselhaus Trossingen

von Cornelia Addicks

TROSSINGEN (CA) – Wie die Ehrengäste bei einer jiddischen Hochzeitsfeier in den Karpaten konnten sich Klezmer-Fans am Montagabend fühlen: Das Trio Veretzki PassTrio "Veretzki Pass" gastierte im Kesselhaus.

Zunächst muss die Braut zum Weinen gebracht werden, erst dann kann der ausgelassene Tanz beginnen. Das ist Tradition in den jüdischen Familien Osteuropas und so sind auch die Stücke des Abends alle zweigeteilt. Zu Beginn das "Geweyn", wehmütig, langsam, dann springt der Rhythmus urplötzlich um, wird zur "Hora", dem Tanz im übermütigen 6/8 Takt.

Als Kind habe sie sich immer die Ohren zugehalten, wenn ihre Eltern, aus dem Dorf "Nieder-Veretzki" nach Kansas ausgewandert, solche Musik hörten, erzählt Cookie Segelstein. Schon mit fünf Jahren habe man ihr eine Geige in die Hand gedrückt und sie zum Mitspielen aufgefordert. Musik, ja, aber bitte "Mozart, Bach and all those guys". Erst später, nach ihrem klassischen Violin-Studium, habe sie sich der Musik ihrer Vorfahren gewidmet, dann aber von ganzem Herzen. Zusammen mit ihrem Lebenspartner Joshua Horowitz und Stuart Brotmann aus  Philadelphia forscht sie nun im Bereich Klezmer-Musik, sucht nach alten Platten und Noten, kombiniert Überliefertes zu neuen Stücken.

Horowitz spricht Deutsch, denn seine Oma hielt das für "einen der schönsten jiddischen Dialekte", wie er verschmitzt lächelnd sagt. In Trossingen war sein erstes Anlaufziel das Harmonikamuseum. "Ich habe dort eine Budowitz hinter Glas gesehen. Aber meine ist noch zehn Jahre älter, von 1889!". Und mit diesem antiken Wiener  Knopfakkordeon bietet der Musiker sein "Forshpil", lässt die "Revolverkugeln bei der Hochzeit" fliegen und spielt das "Lied für das Schwarze Meer". Auch am Cimbalom, einem Konzerthackbrett, zeigt sich Horowitz souverän, die mit Leder beklebten Klöppel produzieren feingesponnene, aber auch erdig-jazzige Töne.

Mit dem Trio Veretzki Pass"Basy", einem celloförmigen Instrument zum Umhängen, sorgt Brotmann für den Grundrhythmus bei den von ständiger Wiederholung gekennzeichneten  Tanzstücken. Die drei Saiten – zwei davon ein Oktavpaar – streicht er mit einem wie eine Säge gehaltenen Bogen.

Die Titel der einzelnen Stücke werden nicht angesagt – "Die stehen auf der CD!" meint Horowitz, in der Pause ganz Businessman, und weist auch auf die erhältlichen Publikationen von "Veretzki Pass" hin.


Text & Fotos © Cornelia Addicks, 07-OCT-2004
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